• Christian Friedrich Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Zürich · Place of Destination: Genf · Date: 22.12.1810
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Friedrich Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Zürich
  • Place of Destination: Genf
  • Date: 22.12.1810
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: „Geliebter Freund und Bruder“. Der Briefwechsel zwischen Christian Friedrich Tieck und August Wilhelm Schlegel in den Jahren 1804 bis 1811. Hg. und kommentiert v. Cornelia Bögel. Dresden 2015, S. 236–239.
  • Incipit: „[1] Zürich den 22. Xbr. 1810.
    Ich danke dir theurer geliebter Freund für dein gütiges Briefchen. Du würdest die Sachen schon haben [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,17,5
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 24,9 x 20,4 cm
    Language
  • German
[1] Zürich den 22. Xbr. 1810.
Ich danke dir theurer geliebter Freund für dein gütiges Briefchen. Du würdest die Sachen schon haben wenn mir nicht zur rechten Zeit eing[e]fallen wäre das dies Paket ja viel kosten würde auf der Brief Post, ich werde es also erst Uebermorgen mit dem Fourgon schicken, und so einpacken das gewiß nichts daran beschädigt werden kann. Ich hatte aber die kleinen Zeichnungen schon aufgezogen doch denke ich mir soll doch nichts schauen zu dem Zwecke zu welchem du es haben willst, denn der Carton ist eigentlich nur etwas starkes Papier. Doch hätte ich früher deinen Willen gewußt so hätte ich es nicht gethan, obgleich du genöthigt gewesen wärst doch eine ähnliche Operation damit vornehmen zu lassen, weil die Blätter für den einband zu klein gewesen wären. Fast möchte ich rathen du sollst aus zwei dieser Zeichnungen die Deckel machen lassen, das heißt die Zeichnungen inwendig. Ich hätte vielleicht mit dem aufziehen gewartet bis ich deine Antwort gehabt hätte, Aber Horner und seine Frau, oder vielmehr Fr[au] von Horner mit ihrem Mann reißten hier durch, und sie zwang mich ihr und ein paar andren Leuten einige Zeichnungen zu zeigen, wobei ich denn ueberzeugt ward wie sehr Goethe in den Wahlverwandtschaften recht hatt, über das Unwesen der Beschauer von Kunstsachen zu schmählen, und das bei Kupferstichen und Zeichnungen man immer in der grösten Gefahr steth das solche von grundaus verdorben werden. Ich beschloss also sie wenigstens vor dem Zerreißen zu sichern, auch das Niemand sie wie Transparente Bilder ansehn könnte und so wurden Sie aufgezogen. Die Sachen gehen nun unfehlbar den Dienst[ag] ganz früh von hir ab, und du hast solche zu Ende der Woche in Händen. Gern hätt ich es gesehnen daß du solche noch zu Weihnachten gehabt hättest, doch das ist unmöglich. Ich habe an dem Ocnus noch ein paar Kleinigkeiten geändert, das hatt mich auch etwas aufgehalten.
Ich bin fleißig und freue mich sehr dich wieder zu sehen, und willst du nicht anders so mache ich es nicht so wie du sagst, doch wäre ich gern zugleich einen Tag oder zwei in Bern gewesen, auch um daselbst noch einiges nachzusuchen. Ich habe immer geglaubt [2] der Cimplom wäre das ganze Jahr offen? Den der Weg über Genf, Ghamberi und Turin nach Maÿland ist sehr weit nun, und zum Ueberfluß enorm theuer, denn so viel ich weiß kostet die Diligence von Genf bis Turin allein einige 80 Franken, und man kann keine Sachen mitnehmen als 15 Pf, und ich habe doch dann ungefähr einige 40.
– Du sprichst vom Buchhändler, also ist dein Buch, deine Vorlesungen fertig? wie sehr freue ich mich darauf, erstlich es selbst zu lesen, da es dise Parthie des Buches ist, die ich auch selbst aus deinem M.[anu]s[ki]pt nicht kenne, dann auch um des Publicums willen, denn du hast keinen Begriff wie viel Beifall dis Buch ueberall gefunden hatt, alle Partheien sprechen mit einer Art von Bewunderung davon, es macht mich sehr glücklich wenn dies jezt gedrukt wird. Es soll ja auch irgendwo eine Ankündigung von dir gedrukt sein, das dein Richard der Dritte gedrukt würde.
Wie sehr wünschte ich das du auch wieder mehr an deine Arbeit denken könntest. Ich hoffe in disem Jahr recht fleißig zu sein. Doch werde ich nicht nach Rom gehen, sondern in Florenz oder gar in Carrara einige Zeit bleiben, die Ursache hiervon Mündlich. Ich wünschte sehr wegen des Monuments das ich die Inschrift welche vorn auf die Tafel soll noch hätte ehe ich abreißte weil ich dise Tafel dort in Italien besorgen will. Auch will ich nicht das viele Inschriften an Monumente sollen, sondern über den Basreliefs nur ganz kurze, wenige Worte, denn der Raum über dem Hinter- oder Haupt Basrelief, ist 2 Schuh hoch, und beinahe 3 breit, die beiden Seiten, sind um ein Drittel etwa schmahler.
– Was die Adresse der Schwester betrifft so hatt sie mir solche selbst geschriben ihr so die Briefe zu adressieren. Madame la Baronne Sophie de Kn.[orring] auf der Hundskugel im Graf Rechbergischen Hause. Ich glaube du thust gut ihr bald zu schreiben, nach ihrem lezten Brief war sie aufs äußerste betrübt, ganz in der grösten Einsamkeit, und auf ihr kleines Zimmer eingeschrenkt. Es scheint das sie sich äußerst ärmlich behülft, und ich erwarte mit Ungeduld einen Brief von ihr, der heut hätt ankommen sollen, aber es scheint nicht. Knorring ist jezt beinahe ein Monath abgereist, hatte er nicht Unfälle unterwegs gehabt so kann er beinahe zu Hause angekommen sein, und ich also vor Ende des Januars reich sein, und reisen. Doch sollte ich bis dahin noch nichts von ihm haben, dann theurer Freund wär es nöthig mich noch einmahl mit einer ähnlichen Summe herauszuhelfen, die ich Guth wieder bezahlen kann. Auch hättest du mir mehre mahle geschriben, und noch in dem Brief den mir Schelling geschikt hatt, das ich doch die Zeichnung für Fr[au] v[on] St[aël] machen sollte, das sie mir gewiß noch etwas dafür geben würde, hatt ich das noch zu warten, könntest du es als einen Vorschuß ansehn obgleich ich nichts warte, sondern die Zeichnung als eine Schuld von meiner Seite ansehe, die ich [3] jezt fleißig bin abzubezahlen, will sie solche gar nicht mehr, mache ich sie für dich, denn ich meine es soll ein interessantes Blatt werden, unabgesehn das es Albertines Portrait ist. Doch du wirst mich unverschämt finden das ich um etwas neues bitte, indem mir eben erst etwas bewilligt ist, doch du kennst meine ängstlichkeit, und es ist besser etwas lange Zeit voraus zu sorgen, als mehr es plötzlich zu müssen. Wenn ich recht fleissig bin wird die Zeichnung im Monath Januar fertig, und ich schikke solche dann eher als ich selbst komme. Denn ich muß nothwendig noch nach Unterwalden. Doch das ist alles Kleinigkeit. Behalte du mich nur lieb, und nimm meine zudringlichen Foderungen nicht Uebel.
Hast du lange keine Nachricht von Friedrich?
Ich hörte einmahl das die beiden Söhne der Frau sollten Künstler werden, wenn ich wieder in Italien bin, könnte sie mir ja einen davon schikken, ich wollte sorgen das dann etwas rechtes aus ihm werden könnte, wenn er Talent würklich hatt.
Aber ich muß wohl eilen wenn mit der heutigen Post das Blatt noch würklich fortgehn soll. Leb also wohl, recht wohl und behalte mich lieb, und nimm mir meine Zudringlichkeit nicht Uebel. Ich kann ja rechnen das ich vom nächsten Mon[a]th an nur für mich selbst zu sorgen habe, und bleibe ich Gesund kann ich ja dann auf Bezahlung meiner Schulden denken, und daß will ich endlich thun. Noch einmahl lebe wohl, und schreibe freundlich an die Schwester.
Dein Freund und Bruder Fr.[iedrich] T.[ieck]
Noch eins. ist Voltaire wirklich der erste der behauptet hatt die Masken der alten hätten zwei verschiedene Gesichter gehabt, auf jeder Seite um verschiedene Gemüthstimmungen ausdrüken zu können.
[4]
[1] Zürich den 22. Xbr. 1810.
Ich danke dir theurer geliebter Freund für dein gütiges Briefchen. Du würdest die Sachen schon haben wenn mir nicht zur rechten Zeit eing[e]fallen wäre das dies Paket ja viel kosten würde auf der Brief Post, ich werde es also erst Uebermorgen mit dem Fourgon schicken, und so einpacken das gewiß nichts daran beschädigt werden kann. Ich hatte aber die kleinen Zeichnungen schon aufgezogen doch denke ich mir soll doch nichts schauen zu dem Zwecke zu welchem du es haben willst, denn der Carton ist eigentlich nur etwas starkes Papier. Doch hätte ich früher deinen Willen gewußt so hätte ich es nicht gethan, obgleich du genöthigt gewesen wärst doch eine ähnliche Operation damit vornehmen zu lassen, weil die Blätter für den einband zu klein gewesen wären. Fast möchte ich rathen du sollst aus zwei dieser Zeichnungen die Deckel machen lassen, das heißt die Zeichnungen inwendig. Ich hätte vielleicht mit dem aufziehen gewartet bis ich deine Antwort gehabt hätte, Aber Horner und seine Frau, oder vielmehr Fr[au] von Horner mit ihrem Mann reißten hier durch, und sie zwang mich ihr und ein paar andren Leuten einige Zeichnungen zu zeigen, wobei ich denn ueberzeugt ward wie sehr Goethe in den Wahlverwandtschaften recht hatt, über das Unwesen der Beschauer von Kunstsachen zu schmählen, und das bei Kupferstichen und Zeichnungen man immer in der grösten Gefahr steth das solche von grundaus verdorben werden. Ich beschloss also sie wenigstens vor dem Zerreißen zu sichern, auch das Niemand sie wie Transparente Bilder ansehn könnte und so wurden Sie aufgezogen. Die Sachen gehen nun unfehlbar den Dienst[ag] ganz früh von hir ab, und du hast solche zu Ende der Woche in Händen. Gern hätt ich es gesehnen daß du solche noch zu Weihnachten gehabt hättest, doch das ist unmöglich. Ich habe an dem Ocnus noch ein paar Kleinigkeiten geändert, das hatt mich auch etwas aufgehalten.
Ich bin fleißig und freue mich sehr dich wieder zu sehen, und willst du nicht anders so mache ich es nicht so wie du sagst, doch wäre ich gern zugleich einen Tag oder zwei in Bern gewesen, auch um daselbst noch einiges nachzusuchen. Ich habe immer geglaubt [2] der Cimplom wäre das ganze Jahr offen? Den der Weg über Genf, Ghamberi und Turin nach Maÿland ist sehr weit nun, und zum Ueberfluß enorm theuer, denn so viel ich weiß kostet die Diligence von Genf bis Turin allein einige 80 Franken, und man kann keine Sachen mitnehmen als 15 Pf, und ich habe doch dann ungefähr einige 40.
– Du sprichst vom Buchhändler, also ist dein Buch, deine Vorlesungen fertig? wie sehr freue ich mich darauf, erstlich es selbst zu lesen, da es dise Parthie des Buches ist, die ich auch selbst aus deinem M.[anu]s[ki]pt nicht kenne, dann auch um des Publicums willen, denn du hast keinen Begriff wie viel Beifall dis Buch ueberall gefunden hatt, alle Partheien sprechen mit einer Art von Bewunderung davon, es macht mich sehr glücklich wenn dies jezt gedrukt wird. Es soll ja auch irgendwo eine Ankündigung von dir gedrukt sein, das dein Richard der Dritte gedrukt würde.
Wie sehr wünschte ich das du auch wieder mehr an deine Arbeit denken könntest. Ich hoffe in disem Jahr recht fleißig zu sein. Doch werde ich nicht nach Rom gehen, sondern in Florenz oder gar in Carrara einige Zeit bleiben, die Ursache hiervon Mündlich. Ich wünschte sehr wegen des Monuments das ich die Inschrift welche vorn auf die Tafel soll noch hätte ehe ich abreißte weil ich dise Tafel dort in Italien besorgen will. Auch will ich nicht das viele Inschriften an Monumente sollen, sondern über den Basreliefs nur ganz kurze, wenige Worte, denn der Raum über dem Hinter- oder Haupt Basrelief, ist 2 Schuh hoch, und beinahe 3 breit, die beiden Seiten, sind um ein Drittel etwa schmahler.
– Was die Adresse der Schwester betrifft so hatt sie mir solche selbst geschriben ihr so die Briefe zu adressieren. Madame la Baronne Sophie de Kn.[orring] auf der Hundskugel im Graf Rechbergischen Hause. Ich glaube du thust gut ihr bald zu schreiben, nach ihrem lezten Brief war sie aufs äußerste betrübt, ganz in der grösten Einsamkeit, und auf ihr kleines Zimmer eingeschrenkt. Es scheint das sie sich äußerst ärmlich behülft, und ich erwarte mit Ungeduld einen Brief von ihr, der heut hätt ankommen sollen, aber es scheint nicht. Knorring ist jezt beinahe ein Monath abgereist, hatte er nicht Unfälle unterwegs gehabt so kann er beinahe zu Hause angekommen sein, und ich also vor Ende des Januars reich sein, und reisen. Doch sollte ich bis dahin noch nichts von ihm haben, dann theurer Freund wär es nöthig mich noch einmahl mit einer ähnlichen Summe herauszuhelfen, die ich Guth wieder bezahlen kann. Auch hättest du mir mehre mahle geschriben, und noch in dem Brief den mir Schelling geschikt hatt, das ich doch die Zeichnung für Fr[au] v[on] St[aël] machen sollte, das sie mir gewiß noch etwas dafür geben würde, hatt ich das noch zu warten, könntest du es als einen Vorschuß ansehn obgleich ich nichts warte, sondern die Zeichnung als eine Schuld von meiner Seite ansehe, die ich [3] jezt fleißig bin abzubezahlen, will sie solche gar nicht mehr, mache ich sie für dich, denn ich meine es soll ein interessantes Blatt werden, unabgesehn das es Albertines Portrait ist. Doch du wirst mich unverschämt finden das ich um etwas neues bitte, indem mir eben erst etwas bewilligt ist, doch du kennst meine ängstlichkeit, und es ist besser etwas lange Zeit voraus zu sorgen, als mehr es plötzlich zu müssen. Wenn ich recht fleissig bin wird die Zeichnung im Monath Januar fertig, und ich schikke solche dann eher als ich selbst komme. Denn ich muß nothwendig noch nach Unterwalden. Doch das ist alles Kleinigkeit. Behalte du mich nur lieb, und nimm meine zudringlichen Foderungen nicht Uebel.
Hast du lange keine Nachricht von Friedrich?
Ich hörte einmahl das die beiden Söhne der Frau sollten Künstler werden, wenn ich wieder in Italien bin, könnte sie mir ja einen davon schikken, ich wollte sorgen das dann etwas rechtes aus ihm werden könnte, wenn er Talent würklich hatt.
Aber ich muß wohl eilen wenn mit der heutigen Post das Blatt noch würklich fortgehn soll. Leb also wohl, recht wohl und behalte mich lieb, und nimm mir meine Zudringlichkeit nicht Uebel. Ich kann ja rechnen das ich vom nächsten Mon[a]th an nur für mich selbst zu sorgen habe, und bleibe ich Gesund kann ich ja dann auf Bezahlung meiner Schulden denken, und daß will ich endlich thun. Noch einmahl lebe wohl, und schreibe freundlich an die Schwester.
Dein Freund und Bruder Fr.[iedrich] T.[ieck]
Noch eins. ist Voltaire wirklich der erste der behauptet hatt die Masken der alten hätten zwei verschiedene Gesichter gehabt, auf jeder Seite um verschiedene Gemüthstimmungen ausdrüken zu können.
[4]
×
×