Meine persönliche Bekanntschaft mit Ihnen, so flüchtig sie war, mußte mir das größte Zutrauen einflößen, und den Wunsch, einmal als Schriftsteller ein Geschäft mit Ihnen zu machen. Ich habe Ihnen einen Vorschlag dieser Art zu thun, und es sollte mich freuen, wenn Ihre Meynung von dem Erfolge Sie geneigt machte darauf einzugehen.
Nach dem Tode des berühmten Sir Horace Walpole, nachherigen Lord Orford, sind seine sämtlichen Werke in England im Jahre 1798 in 4 Quartbänden erschienen. Sie enthalten außer ein paar Schauspielen und einer romantischen Geschichte: Die Burg von Otranto (der einzigen Schrift von ihm, so viel ich weiß, die bis jetzt ins Deutsche übersetzt worden) eine Menge unterhaltende Aufsätze des mannichfaltig[2]sten litterarischen, historischen und politischen Inhalts, Erzählungen, Briefe pp; endlich eine vortrefflich ausgearbeitete Geschichte der bildenden Künste besonders der Mahlerey in England. Alles hat er durchaus geistvoll behandelt, oft sehr witzig und immer belehrend. Der originale Verstand dieses Mannes, seine liberale Freymüthigkeit, die ihn so weit über die nazionalen Vorurtheile der heutigen Engländer erhebt, hat mir Lust gemacht mich näher mit ihm zu beschäftigen, und eine abkürzende Übersetzung seiner Werke zu geben. Was bloß lokales Interesse hat, bliebe ganz weg. So auch die poetischen pieces fugitives, weil sie, ungeachtet sie als solche sehr artig sind, doch den Aufwand einer metrischen Verdeutschung nicht belohnen würden. Hingegen bey einem Trauerspiele The mysterious mother würde ich mir diese Mühe nicht verdrießen lassen. Die Geschichte der Mahlerey müßte sich auch beträchtlich abkürzen [3] lassen, und dadurch noch interessanter werden, indem alles wegbliebe, was bloß Geschichtsforschung oder Beleg wäre. Ich würde das Ganze mit einer Vorrede und hier und da mit Anmerkungen versehen. Auf wie viel Alphabete in Oktav sich die Übersetzung bringen ließe kann ich noch nicht ganz übersehen – ich denke, sie würde nicht über 4 Bände von mittlerer Größe und Stärke ausmachen.
Wenn Sie Lust zu der Unternehmung haben so wollen wir uns schon über die näheren Bedingungen vereinigen. Es ist mir um die Sache selbst zu thun, da ich sonst alle Hände voll litterarischer Arbeiten habe und nicht neue zu suchen brauche.
Zuvorkommen wird uns wohl eben niemand – das Werk ist seiner Kostbarkeit wegen gewiß fast gar nicht nach Deutschland gekommen – es wird auf 10 Pfund Sterling kommen. Ich habe es von einer Englischen [4] Familie geliehen bekommen, und werde es freylich nicht so lange behalten können als zum Übersetzen nöthig ist. Wenn es keine wohlfeilere Oktavausgabe giebt (die große wird hauptsächlich durch die vielen mittelmäßigen Porträte von Mahlern theuer) wie ich doch glaube, so müßte die Quartedizion verschrieben werden, und diese Auslage müßte dann mein Verleger auf sich nehmen, versteht sich mit Vorbehalt des Eigenthumsrechtes daran.
Haben Sie die Güte, mich in jedem Fall bald mit einer Antwort zu erfreuen.
Ihr ganz ergebner
A. W. Schlegel