• August Wilhelm von Schlegel an Peter Feddersen Stuhr

  • Absendeort: Bonn · Empfangsort: Berlin · Datum: November 1835
Editionsstatus: Neu transkribiert und ausgezeichnet; zweimal kollationiert
    Briefkopfdaten
  • Absender: August Wilhelm von Schlegel
  • Empfänger: Peter Feddersen Stuhr
  • Absendeort: Bonn
  • Empfangsort: Berlin
  • Datum: November 1835
  • Anmerkung: Empfangsort erschlossen.
    Handschrift
  • Datengeber: London, The British Library
  • Signatur: Egerton MS 2407 : 1541-1847, f. 192-193
  • Blatt-/Seitenzahl: 3 S.
  • Incipit: „[1] Bonn d. Nov. 35.
    Hochgeehrtester Herr Professor!
    Ich sage Ihnen meinen verbindlichsten Dank für das so eben empfangene Geschenk Ihrer neuesten [...]“
    Sprache
  • Deutsch
    Editorische Bearbeitung
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
[1] Bonn d. Nov. 35.
Hochgeehrtester Herr Professor!
Ich sage Ihnen meinen verbindlichsten Dank für das so eben empfangene Geschenk Ihrer neuesten Schrift, der ich gewiß meine ganze Aufmerksamkeit zuwenden werde. Wenn Sie in Ihrem Briefe äußern, daß ein weit größerer Vorrath von Nachrichten erforderlich sey, um die Geschichte der Indischen Philosophie erschöpfend behandeln zu können, so würde ich, um ganz beizustimmen, sagen: von Original-Texten. Nachrichten haben wir schon vielerlei erhalten, darunter auch solche, wodurch man nur verwirrt gemacht wird. Meine Freunde, Lassen und Windischmann Sohn, haben kurze aber wichtige Stücke herausgegeben, wobei ihnen nur reichlichere Hülfsmittel zu wünschen gewesen wären. Ich beschränke xxx mich in diesem Fache auf die Bhagavad-Gîta, wovon die [z]weite Ausgabe bis auf wenige Bogen fertig ge[2]druckt ist. Die Lateinische Übersetzung habe ich mit größter Sorgfalt von neuem durchgearbeitet, und die Anmerkungen sehr vermehrt. Zwei ausführliche Commentare, wovon ich den einen in Paris selbst abgeschrieben, liegen vor mir. Ich werde daraus die wichtigsten Definitionen metaphysischer Kunstausdrücke beifügen.
Die älteste epische Poesie der Indier bleibt jedoch immer mein Lieblings-Gegenstand, und sie macht mir von Seiten der Kritik sowohl als einer auslegenden Nachbildung genug zu schaffen. Wenn ein Denkmal des Alterthums erst in der ächtesten uns erreichbaren Gestalt aufgestellt ist, dann mag jeder nach seiner Sinnesart darüber urtheilen, weiter forschen oder zweifeln.
In der Vorrede zum Râmâyańa p. LV, habe ich über die falschen Beschuldigungen gegen den Buddhismus gesprochen, in den Réflexions p p. 105 über die Verkehrtheit diese Lehre älter als den Brahmanismus machen zu wollen.
Die theologische Litteratur der Buddhisten ist zum Erschrecken weitläuftig. Mein verehrter [3] Freund, der Baron Schilling von Canstadt hat bei mir sechs Kisten Tibetanischer Bücher stehen lassen, worin jedoch nur die doppelten Exemplare seiner Sammlung enthalten sind. Ich sehe ein, daß die Untersuchung wichtig ist, aber ich habe eine entschiedene Abneigung davor, und halte mich durchaus an das classische Indien.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ew Wohlgeboren
ergebenster
AWvSchlegel
[4] [leer]
[1] Bonn d. Nov. 35.
Hochgeehrtester Herr Professor!
Ich sage Ihnen meinen verbindlichsten Dank für das so eben empfangene Geschenk Ihrer neuesten Schrift, der ich gewiß meine ganze Aufmerksamkeit zuwenden werde. Wenn Sie in Ihrem Briefe äußern, daß ein weit größerer Vorrath von Nachrichten erforderlich sey, um die Geschichte der Indischen Philosophie erschöpfend behandeln zu können, so würde ich, um ganz beizustimmen, sagen: von Original-Texten. Nachrichten haben wir schon vielerlei erhalten, darunter auch solche, wodurch man nur verwirrt gemacht wird. Meine Freunde, Lassen und Windischmann Sohn, haben kurze aber wichtige Stücke herausgegeben, wobei ihnen nur reichlichere Hülfsmittel zu wünschen gewesen wären. Ich beschränke xxx mich in diesem Fache auf die Bhagavad-Gîta, wovon die [z]weite Ausgabe bis auf wenige Bogen fertig ge[2]druckt ist. Die Lateinische Übersetzung habe ich mit größter Sorgfalt von neuem durchgearbeitet, und die Anmerkungen sehr vermehrt. Zwei ausführliche Commentare, wovon ich den einen in Paris selbst abgeschrieben, liegen vor mir. Ich werde daraus die wichtigsten Definitionen metaphysischer Kunstausdrücke beifügen.
Die älteste epische Poesie der Indier bleibt jedoch immer mein Lieblings-Gegenstand, und sie macht mir von Seiten der Kritik sowohl als einer auslegenden Nachbildung genug zu schaffen. Wenn ein Denkmal des Alterthums erst in der ächtesten uns erreichbaren Gestalt aufgestellt ist, dann mag jeder nach seiner Sinnesart darüber urtheilen, weiter forschen oder zweifeln.
In der Vorrede zum Râmâyańa p. LV, habe ich über die falschen Beschuldigungen gegen den Buddhismus gesprochen, in den Réflexions p p. 105 über die Verkehrtheit diese Lehre älter als den Brahmanismus machen zu wollen.
Die theologische Litteratur der Buddhisten ist zum Erschrecken weitläuftig. Mein verehrter [3] Freund, der Baron Schilling von Canstadt hat bei mir sechs Kisten Tibetanischer Bücher stehen lassen, worin jedoch nur die doppelten Exemplare seiner Sammlung enthalten sind. Ich sehe ein, daß die Untersuchung wichtig ist, aber ich habe eine entschiedene Abneigung davor, und halte mich durchaus an das classische Indien.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ew Wohlgeboren
ergebenster
AWvSchlegel
[4] [leer]
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