Geliebtester Freund!
Vor einigen Tagen habe ich dir durch Prof. Löbell die Briefe von Schiller und Goethe, nach der Zeit geordnet, in einer genauen und leserlichen Abschrift zugeschickt. Verfahre nun damit nach eignem Gutdünken. Wenn sie dir nicht anziehend genug scheinen, so mögen sie immerhin ungedruckt bleiben. Aber getrennt oder zerstückelt dürfen sie nicht werden, weil sie sich gegenseitig erklären. Anmerkungen habe ich beigefügt, zum Theil für den Druck, zum Theil zu deiner Notiz. Die Briefe von Schiller werden ziemlich vollständig seyn, von Goetheʼs Briefen sind mir einige auf Reisen verloren gegangen.
Du möchtest wohl meine Beiträge in den ersten anderthalb Jahrgängen der Horen nachsehen, und die Auszüge aus dem Dante loben. Freilich würde ich es jetzt anders angreifen, und habe es theilweise schon anders angegriffen. (Revue des deux mondes, Tome VII. Quatrième série. 15. Août 1836.) Aber [2] damals war es in der That eine neue Offenbarung. Kein Mensch wußte je in Deutschland vom Dante, noch wollte davon wissen. Auch hat es mächtig nachgewirkt, wie alles was ich in ähnlicher Art gethan.
Aus dem Aufsatze: Etwas über W. Shakespeare pp. erhellet aufs klarste, daß damals noch niemand in Deutschland, auch Goethe und Schiller nicht, an einen versificirten Shakspeare dachte. Meine Übersetzung hat das deutsche Theater umgestaltet. Vergleiche nur Schillers Jamben im Wallenstein mit denen im Don Karlos, um zu sehen, wie sehr er in meine Schule gegangen.
In dem Aufsatze über Sprache und Sylbenmaß war ich noch von der Einbildung angesteckt, man könne aus den Sitten halbwilder Völker die Anlagen der menschlichen Natur erforschen. Deswegen habe ich den Aufsatz nicht in meine Kritischen Schriften aufgenommen, wiewohl er sonst manches gute enthält.
Neuerdings ist doch hier und da einiges von mir im Druck erschienen, zum Theil in Französischer Sprache, was dir wohl nicht zu Gesichte gekommen ist. Am meisten würde dich das über die Ritterromane interessiren: