Geschichte und Staatswissenschaft sind keine unbedeutende Aussicht in dem Entwurf meines künftigen Lebens. – Bald diese, bald jene Absicht führte mich bald zu diesen, bald zu jenen Geschichtsschreibern, und ohne absichtliches Forschen liegt viel Stoff in meinem Gedächtniße vorräthig, und mein Sinn für diese große Kunst ist nicht ganz ungeübt. Kurz nach Anfang dieses stürtzte mich [3] der Entschluß mich zu beschäftigen, in das Lesen der bekanntesten neuen politischen Werke, und ich fand nur einen werth, ihn zu erschöpfen, Rousseau. – Seit einigen Monaten nun ist es meine liebste Erhohlung geworden, dem mächtigen räthselhaften Hange der Zeit-Begebenheiten zu folgen; und davon fängt sich eine Denkart an in mir zu bilden, die es tollkühn wäre, nicht zu verschließen. – Ich denke aus der Richtung auf das Wesen der Sache, und das Ganze folgt unausbleiblich – Beyfall und Theilnahme. Die Sache hängt aber in meinem Kopfe mit tieferen Forschungen zusammen, als ein Brief zu entwickeln erlaubt. Willst Du wissen, wie die Art meiner Gedanken, der Sinn meiner Theilnahme ist, so ließ Kant im Septemb.[er] Berl.[inische] Mon[ats]-Schrift über Theorie und Praxis, Rettung der unterdrückten unschuldigen Wahrheit gegen die Eitelkeit kleiner Vernünftler, wie Rehberg z. B. Dann alle Oden von Klopstock. – Das Leben eines edeln Volkes in seinem Herzen tragen ist immer schön, aber in dieser verworfenen Zeit solche Oden wagen zu können, das verräth Etwas Erhabnes.
[4] Lieber Freund, ich sehe voraus, daß es mir in einiger Zeit ganz am Gelde fehlen kann. Kannst Du mir einige Ducaten schicken, so wäre es sehr schön. –
[5] Mensch, ich soll Dir beweisen, daß Schiller ein großer Mann ist? Beweisen sagst Du? – Krämer mögen von der Tugend Rechnungen machen; wir in Deutschland pflegen <unsre> Liebe und Achtung nur zu rechtfertigen. – Sey doch so gütig, Du, und beweise mir, daß Du ein Dichter bist, beweise mir, daß B. [Caroline Böhmer] das ist, wofür Deine Liebe sie gab, beweise mir, daß Du Sinn und Gefühl hast. – Melde mir doch auch wo Du mit diesen Beweisen anzufangen denkst, und wann Du endigen wirst. – B.ʼs Frage, was er denn Großes gethan habe, als etwa schöne Bücher schreiben? war weiblich. Es ist etwas Großes, den Menschen nicht nach seinen baaren Thaten, sondern nach seinem innern Leben wägen zu können; nur der Weise vermag es; oder ist der Dichter des Prometheus weniger groß wie Alexander, weil diesen das ganze Geschlecht, jenen nur Einige für das was er ist, anzuerkennen vermögen? Das Ewig-Gute in dem Leben eines Menschen rechtfertigt seine Ehre und Liebe; ich kann dieses doch zulezt nur wahrnehmen, den Verstand <und Erfahrung> nur brauchen, um das Urtheil des Herzens zu reinigen, und unabläßig nach Lösung aller Irrthümer zu streben. Denn nur das nenne ich vorurtheils[6]frey, sein Herz höher ehren als seine Begriffe.
Nun aber, das innre Leben eines Menschen, verräth es sich nicht in den kleinsten Aeußerungen, und kann ich durch Vernünfteln jemanden eine Wahrnehmung geben, die er nicht hat, vielleicht nicht haben will?
Nun meine Rechtfertigung – Sie liegt glaube ich deutlich genung in seinen Werken. Doch würde ich in einer Geschichte der Kunst schärfer bestimmen, und ihm vielleicht diesen Namen versagen, wegen des Rohen und Abgerißnen in allem, und dann der unzüchtigen Einbildung; und am Ende ist sein ganzes Wesen zerrißen und ohne Einklang. – Aber die große Kraft findʼ ich von Anfang bis noch iezt, da er zu sterben anfängt: zuerst in der unsinnigen Verzweiflung über früh verlorne Unschuld der Sitten und des Verstandes. Dann in dem kurzen Stolz über angeborne Kraft und errungne Bildung, und endlich in dem Bemühen sich selbst a priori zu construiren, da die Liebe erloschen ist.
Nächstens mehr.
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