• August Wilhelm von Schlegel to Heinrich Carl Abraham Eichstaedt

  • Place of Dispatch: Genf · Place of Destination: Jena · Date: 05.01.1806
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Heinrich Carl Abraham Eichstaedt
  • Place of Dispatch: Genf
  • Place of Destination: Jena
  • Date: 05.01.1806
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Hay, Gerhard: August Wilhelm Schlegels Beitrag zur Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung. Mit einem unveröffentlichten Brief Schlegels. In: Teilnahme und Spiegelung. Festschrift für Horst Rüdiger. Hg. v. Beda Allemann u. Erwin Koppen. Berlin u.a. 1975, S. 324‒326.
  • Incipit: „[1] Genf, d. 5 Jan 1806
    Es freut mich ungemein, mein werthester Herr Hofrath, daß Sie dem Nachlaß des vortrefflichen Necker eine [...]“
    Manuscript
  • Provider: Marbach am Neckar, Deutsches Literaturarchiv
  • Classification Number: B:Schlegel, August Wilhelm 68.117
  • Number of Pages: 8. S., hs. m. U.
    Language
  • German
[1] Genf, d. 5 Jan 1806
Es freut mich ungemein, mein werthester Herr Hofrath, daß Sie dem Nachlaß des vortrefflichen Necker eine würdige deutsche Bearbeitung zu geben unternommen haben. Ihren Wunsch in dieser Beziehung zu erfüllen habe ich mir mit größtem Eifer angelegen seyn lassen, und ich bin so glücklich gewesen die Einwilligung der Frau von Stael zum Abdruck des beykommenden schönen Aufsatzes zu erhalten. Da sie das Original nicht aus den Händen geben wollte, so habe ich ihn gleich selbst übersetzt, und auch die Vorerinnerung hinzugefügt, die nöthig seyn wird um die Leser in den Gesichtspunkt zu stellen. Der schicklichste Platz würde, däucht mich, unmittelbar nach der Lebensbeschreibung, als zu Anfang derselben, seyn. Ich hoffe, daß diese [2] Sendung zur gehörigen Zeit bey Ihnen eintreffen wird.
Hrn. Professor Olivarius aus Kiel, der über Paris nach Deutschland zurückreisen wollte, habe ich die Abhandlung von Bossi nebst der von Akerblad über die Inschriften des Venetian. Löwen für Sie mitgegeben; Sie melden mir noch nichts von dem Empfange. Seitdem hat mir ein hiesiger junger Mann, der sich aus Neigung mit gelehrten Dingen beschäftigt, einen langen Aufsatz in französischer Sprache handschriftlich mitgetheilt, worin er zu beweisen sucht, daß die Inschriften allerdings Runisch seyen, und auch die Ähnlichkeit mit dem Etruscischen oder Pelasgischen Alphabet scharfsinnig erklärt. Ich habe dieß nebst meinen von dem Styl der Löwen hergenommenen Einwendungen an Bossi geschickt. Schwerlich möchte sich seine Hypothese durchfechten lassen, doch [3] wünsche ich auf jeden Fall, wenn in Ihrer Zeitung davon die Rede seyn sollte, daß er mit Glimpf behandelt werden möge.
Hiebey erhalten Sie die Anzeige von zwey kleinen Schriften des Dichters Monti der jetzt mit der Italienischen Deputation in Deutschland reist. Ich stehe in freundschaftlichem Verhältnisse mit ihm, und habe ihm versprochen diese Schriften in Deutschland bekannt zu machen. Die neuesten Arbeiten über den Catull hatte ich hier nicht zur Hand und sollte darin etwas mit Montiʼs Auslegung übereinstimmendes, oder auf Einwürfe dagegen enthaltendes befindlich seyn, so ändern Sie deßfalls gefälligst in meiner Anzeige das nöthige. Diese Hypothese hat bey einigen Italienischen Gelehrten Widerspruch erfahren, mich hat sie sehr überzeugt, melden Sie mir doch Ihr Urtheil darüber.
[4] Wenn Sie es bequemer finden, werden Sie die Anzeige der Akademischen Reden leicht von der zweyten damit verbundenen trennen können.
Zunächst liefre ich Ihnen nun die Beurtheilung von Vossens Zeitmessung. Die beyden vorgeschlagenen Bücher, Lichtenbergs verm. Schriften 8 und 9B., und Bouterwecks Gesch. der Poesie, übernehme ich auch recht gern, wir haben sie in unserm Deutschen Vorrath zu Coppet, nur weiß ich nicht, ob nicht gerade der letzt erschienene Band von beyden uns noch fehlt. Von Bouterweck ließen sich wohl die ersten beyden Bände besonders recensiern; ich dürfte diesem Herrn etwas scharf zu Leibe gehn. – So eben sehe ich, daß die sämtl. 3 B. von Bouterweck noch hier sind, und dürfte mir also bald diese Unterhaltung machen.
[5] Haben Sie die Güte, mir alles was von Ihrer ALZ. seit den letzten Blättern, die ich im Herbst 1804 erhalten, erschienen ist, hieher, das heißt, nach Coppet zu senden. Dieß bleibt immer meine Addresse, wenn ich auch weit entfernt bin; die Briefe und Packete werden durch den Schloßverwalter besorgt. Es ist mir sehr erfreulich, daß Sie mit dem Absatze zufrieden sind, ich werde immer fortfahren Theil zu nehmen. Der Preis des Exemplars ist hoffentlich durch meine Beyträge gedeckt, so daß ich deßhalb nicht in Ihrer Schuld stehe.
Betreiben Sie doch ja die baldige Erwähnung meiner Elegie, es ist sehr freundschaftlich von Goethe, wenn er sie übernehmen will. Besonders wünsche ich, daß das meine edle Freundin betreffende möge hervorgehoben werden.
Ich habe in dieser Elegie etwas geleistet, [6] was in Deutscher Sprache bisher noch nicht Statt gefunden, nämlich die Regel des Hexameters und Pentameters genau zu beobachten und der Trochäen gänzlich auszuschließen. Auch habe ich das Griech. Distichon mit vielsylbigen Schlußwörtern möglichst nachzubilden gesucht.
Erinnern Sie mein Andenken bey Goethe bestens, und sagen Sie ihm viel freundschaftliches von mir. Ich höre, daß man auf dem Weimarischen Theater König Johann von Shakspeare spielt und möchte gerne dabey Zuschauer seyn.
Wenn Sie interessante literarische Erscheinungen von geringem Umfange wissen, so bitte ich Sie selbige dem Packet der ALZ. beyzufügen. Was in voriger Ostermesse merkwürdiges für mich erschienen, habe ich schon ziemlich. Ist nichts von Schillers Nachlaß heraus[7]gekommen? Man hat mir von einem Programm von Wolf gegen die neueste Philosophie gesagt. Läßt Fichte gar nichts von sich hören. – Ich werde Ihr dankbarer Schuldner seyn, wenn Sie mir dergleichen neue Sachen wollen zukommen lassen.
Leben Sie recht wohl und erfreuen Sie bald mit einer Antwort
Ihren ergebensten
A. W . Schlegel
[8]
[1] Genf, d. 5 Jan 1806
Es freut mich ungemein, mein werthester Herr Hofrath, daß Sie dem Nachlaß des vortrefflichen Necker eine würdige deutsche Bearbeitung zu geben unternommen haben. Ihren Wunsch in dieser Beziehung zu erfüllen habe ich mir mit größtem Eifer angelegen seyn lassen, und ich bin so glücklich gewesen die Einwilligung der Frau von Stael zum Abdruck des beykommenden schönen Aufsatzes zu erhalten. Da sie das Original nicht aus den Händen geben wollte, so habe ich ihn gleich selbst übersetzt, und auch die Vorerinnerung hinzugefügt, die nöthig seyn wird um die Leser in den Gesichtspunkt zu stellen. Der schicklichste Platz würde, däucht mich, unmittelbar nach der Lebensbeschreibung, als zu Anfang derselben, seyn. Ich hoffe, daß diese [2] Sendung zur gehörigen Zeit bey Ihnen eintreffen wird.
Hrn. Professor Olivarius aus Kiel, der über Paris nach Deutschland zurückreisen wollte, habe ich die Abhandlung von Bossi nebst der von Akerblad über die Inschriften des Venetian. Löwen für Sie mitgegeben; Sie melden mir noch nichts von dem Empfange. Seitdem hat mir ein hiesiger junger Mann, der sich aus Neigung mit gelehrten Dingen beschäftigt, einen langen Aufsatz in französischer Sprache handschriftlich mitgetheilt, worin er zu beweisen sucht, daß die Inschriften allerdings Runisch seyen, und auch die Ähnlichkeit mit dem Etruscischen oder Pelasgischen Alphabet scharfsinnig erklärt. Ich habe dieß nebst meinen von dem Styl der Löwen hergenommenen Einwendungen an Bossi geschickt. Schwerlich möchte sich seine Hypothese durchfechten lassen, doch [3] wünsche ich auf jeden Fall, wenn in Ihrer Zeitung davon die Rede seyn sollte, daß er mit Glimpf behandelt werden möge.
Hiebey erhalten Sie die Anzeige von zwey kleinen Schriften des Dichters Monti der jetzt mit der Italienischen Deputation in Deutschland reist. Ich stehe in freundschaftlichem Verhältnisse mit ihm, und habe ihm versprochen diese Schriften in Deutschland bekannt zu machen. Die neuesten Arbeiten über den Catull hatte ich hier nicht zur Hand und sollte darin etwas mit Montiʼs Auslegung übereinstimmendes, oder auf Einwürfe dagegen enthaltendes befindlich seyn, so ändern Sie deßfalls gefälligst in meiner Anzeige das nöthige. Diese Hypothese hat bey einigen Italienischen Gelehrten Widerspruch erfahren, mich hat sie sehr überzeugt, melden Sie mir doch Ihr Urtheil darüber.
[4] Wenn Sie es bequemer finden, werden Sie die Anzeige der Akademischen Reden leicht von der zweyten damit verbundenen trennen können.
Zunächst liefre ich Ihnen nun die Beurtheilung von Vossens Zeitmessung. Die beyden vorgeschlagenen Bücher, Lichtenbergs verm. Schriften 8 und 9B., und Bouterwecks Gesch. der Poesie, übernehme ich auch recht gern, wir haben sie in unserm Deutschen Vorrath zu Coppet, nur weiß ich nicht, ob nicht gerade der letzt erschienene Band von beyden uns noch fehlt. Von Bouterweck ließen sich wohl die ersten beyden Bände besonders recensiern; ich dürfte diesem Herrn etwas scharf zu Leibe gehn. – So eben sehe ich, daß die sämtl. 3 B. von Bouterweck noch hier sind, und dürfte mir also bald diese Unterhaltung machen.
[5] Haben Sie die Güte, mir alles was von Ihrer ALZ. seit den letzten Blättern, die ich im Herbst 1804 erhalten, erschienen ist, hieher, das heißt, nach Coppet zu senden. Dieß bleibt immer meine Addresse, wenn ich auch weit entfernt bin; die Briefe und Packete werden durch den Schloßverwalter besorgt. Es ist mir sehr erfreulich, daß Sie mit dem Absatze zufrieden sind, ich werde immer fortfahren Theil zu nehmen. Der Preis des Exemplars ist hoffentlich durch meine Beyträge gedeckt, so daß ich deßhalb nicht in Ihrer Schuld stehe.
Betreiben Sie doch ja die baldige Erwähnung meiner Elegie, es ist sehr freundschaftlich von Goethe, wenn er sie übernehmen will. Besonders wünsche ich, daß das meine edle Freundin betreffende möge hervorgehoben werden.
Ich habe in dieser Elegie etwas geleistet, [6] was in Deutscher Sprache bisher noch nicht Statt gefunden, nämlich die Regel des Hexameters und Pentameters genau zu beobachten und der Trochäen gänzlich auszuschließen. Auch habe ich das Griech. Distichon mit vielsylbigen Schlußwörtern möglichst nachzubilden gesucht.
Erinnern Sie mein Andenken bey Goethe bestens, und sagen Sie ihm viel freundschaftliches von mir. Ich höre, daß man auf dem Weimarischen Theater König Johann von Shakspeare spielt und möchte gerne dabey Zuschauer seyn.
Wenn Sie interessante literarische Erscheinungen von geringem Umfange wissen, so bitte ich Sie selbige dem Packet der ALZ. beyzufügen. Was in voriger Ostermesse merkwürdiges für mich erschienen, habe ich schon ziemlich. Ist nichts von Schillers Nachlaß heraus[7]gekommen? Man hat mir von einem Programm von Wolf gegen die neueste Philosophie gesagt. Läßt Fichte gar nichts von sich hören. – Ich werde Ihr dankbarer Schuldner seyn, wenn Sie mir dergleichen neue Sachen wollen zukommen lassen.
Leben Sie recht wohl und erfreuen Sie bald mit einer Antwort
Ihren ergebensten
A. W . Schlegel
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