• Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: München · Place of Destination: Bern · Date: 18.08.1811
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: München
  • Place of Destination: Bern
  • Date: 18.08.1811
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335973167
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 2. Der Texte zweite Hälfte. 1809‒1844. Bern u.a. ²1969, S. 225‒226.
  • Incipit: „[1] München den 18. Aug. 1811.
    Ich glaube Ihnen, theurester Freund, melden zu müssen, daß ich nunmehr wegen Ausführung des Monuments mit [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-7
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,24,14
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 20,8 x 12,5 cm
    Language
  • German
[1] München den 18. Aug. 1811.
Ich glaube Ihnen, theurester Freund, melden zu müssen, daß ich nunmehr wegen Ausführung des Monuments mit Thorwaldsen einig geworden bin, der mir versprochen hat, das Ganze binnen 6. Monaten zu vollenden. So sehr ich in jeder Hinsicht Ursache zu haben glaube, zufrieden zu seyn, daß die Ausführung in die Hände eines so ausgezeichneten Künstlers und wackern Mannes gekommen ist: so leid ist es mir von der andern Seite durch Tiecks Saumseligkeit und Wankelmüthigkeit genöthigt gewesen zu seyn, den Gedanken aufzugeben, daß er binnen Jahr und Tag, ja auch nur binnen einiger Jahre das Monument fertig liefere. Ich konnte es mir selbst nicht verzeihn, noch länger mit ernstlichen Anstalten dazu zu zögern. Ich bin von Ihnen überzeugt, daß Sie bey näherer Überlegung mich selbst darinn billigen, und daß Sie auch, wenn [2] Sie Gelegenheit dazu haben, Tieck diesen Entschluß von der wahren Seite darzustellen suchen werden. Ich habe bereits an Thorwaldsen eine Summe von 40. Carolins zu Anschaffung des Marmors, deßgleichen die Büste übermacht. Da er die Arbeit so sehr zu beschleunigen versprochen, so werde ich ihm wahrscheinlich binnen 1–2. Monaten eine neue Summe zu übermachen haben. Für die mir durch Sie überschickte Summe von 800 Franken habe ich von dem Banquier 391. fl. 41. kr. hiesigen Geldes bekommen, wozu hernach noch 8 fl. Interessen kamen für die Zeit während welcher ich das Geld bey ihm stehen lassen. Nach obigem betrüge also die noch bey Ihnen stehende Capitalsumme (600 reichsth.[aler] zu 1100 fl. rhein.[isch] angeschlagen) noch 708 fl. 19. x. [= Kreuzer] rhein.[isch], ohne die Interessen. Ich schreibe Ihnen dieß, nur um Sie in Kenntniß zu setzen; denn es ist schlechterdings nicht nothwendig, daß Sie den Rest gleich zu meiner Disposition stellen, indem ich jetzt [3] schon im Stande bin, über so viel als jene Summe beträgt, selber verfügen zu können. Ich ersuche Sie also dringend, hierinn ganz und allein nach Ihrer Bequemlichkeit zu verfahren.
So eben komme ich von der Lektüre des 3ten Theils Ihrer dramaturgischen Vorlesungen. Wie vielen Dank müssen wir andern Ihnen zollen, der Sie durch diese ebenso angenehme als gelehrte Darstellung des englischen und spanischen Theaters uns so manche vorher versagte Kenntnisse mittheilen. Möchte es uns nun nur auch noch so gut werden in dieser Welt, den ganzen Shakespeare und so viel als möglich vom Calderon durch sie zu erhalten. Die erste deutsche Bühne, auf welcher kürzlich die Andacht zum Kreuz aufgeführt worden, ist die Bambergische. Ein Hr. Holbein, Verfasser einiger schwachen dramatischen Produkte, die Schillern nachschillern sollen, macht bey dem dortigen Theater jetzt Dichter, Schauspieler und Schauspieldirektor in Einer Person, und dieser ists, der den Versuch gemacht. Wie mir unsre [4] Bambergischen Freunde geschrieben ist er doch besser ausgefallen, als auf einem unsrer Hof- oder sogen. Nationaltheater der Fall gewesen seyn würde, und dieses Werk soll in der schönen fränkischen Stadt wirklich großen Eindruck gemacht haben.
Meisterʼs Wanderjahre von Goethe sind in der Handschrift fertig und werden diese Herbstmesse unfehlbar erscheinen. Wann haben wir die Hoffnung, Ihre poëtischen Werke zu sehen? Mein Buch, Die Weltalter wird leider noch bis zu Neujahr unter der Presse seyn; die italiänische Hitze dieses herrlichen Sommers hat meine Kräfte ziemlich abgespannt. Seit einigen Wochen habe ich mich aufs Land begeben, und kann durch den Aufenthalt auf einem mitten im schönsten Wald gelegenen Haus meine alte Waldlust einmal wieder befriedigen.
Ich wünsche, daß Sie sich wohl befinden, und bitte Sie mich nicht ganz zu vergessen, jede Zeile von Ihnen ist mir erfreulich. Ihr
Ganz ergebener
Schelling
[1] München den 18. Aug. 1811.
Ich glaube Ihnen, theurester Freund, melden zu müssen, daß ich nunmehr wegen Ausführung des Monuments mit Thorwaldsen einig geworden bin, der mir versprochen hat, das Ganze binnen 6. Monaten zu vollenden. So sehr ich in jeder Hinsicht Ursache zu haben glaube, zufrieden zu seyn, daß die Ausführung in die Hände eines so ausgezeichneten Künstlers und wackern Mannes gekommen ist: so leid ist es mir von der andern Seite durch Tiecks Saumseligkeit und Wankelmüthigkeit genöthigt gewesen zu seyn, den Gedanken aufzugeben, daß er binnen Jahr und Tag, ja auch nur binnen einiger Jahre das Monument fertig liefere. Ich konnte es mir selbst nicht verzeihn, noch länger mit ernstlichen Anstalten dazu zu zögern. Ich bin von Ihnen überzeugt, daß Sie bey näherer Überlegung mich selbst darinn billigen, und daß Sie auch, wenn [2] Sie Gelegenheit dazu haben, Tieck diesen Entschluß von der wahren Seite darzustellen suchen werden. Ich habe bereits an Thorwaldsen eine Summe von 40. Carolins zu Anschaffung des Marmors, deßgleichen die Büste übermacht. Da er die Arbeit so sehr zu beschleunigen versprochen, so werde ich ihm wahrscheinlich binnen 1–2. Monaten eine neue Summe zu übermachen haben. Für die mir durch Sie überschickte Summe von 800 Franken habe ich von dem Banquier 391. fl. 41. kr. hiesigen Geldes bekommen, wozu hernach noch 8 fl. Interessen kamen für die Zeit während welcher ich das Geld bey ihm stehen lassen. Nach obigem betrüge also die noch bey Ihnen stehende Capitalsumme (600 reichsth.[aler] zu 1100 fl. rhein.[isch] angeschlagen) noch 708 fl. 19. x. [= Kreuzer] rhein.[isch], ohne die Interessen. Ich schreibe Ihnen dieß, nur um Sie in Kenntniß zu setzen; denn es ist schlechterdings nicht nothwendig, daß Sie den Rest gleich zu meiner Disposition stellen, indem ich jetzt [3] schon im Stande bin, über so viel als jene Summe beträgt, selber verfügen zu können. Ich ersuche Sie also dringend, hierinn ganz und allein nach Ihrer Bequemlichkeit zu verfahren.
So eben komme ich von der Lektüre des 3ten Theils Ihrer dramaturgischen Vorlesungen. Wie vielen Dank müssen wir andern Ihnen zollen, der Sie durch diese ebenso angenehme als gelehrte Darstellung des englischen und spanischen Theaters uns so manche vorher versagte Kenntnisse mittheilen. Möchte es uns nun nur auch noch so gut werden in dieser Welt, den ganzen Shakespeare und so viel als möglich vom Calderon durch sie zu erhalten. Die erste deutsche Bühne, auf welcher kürzlich die Andacht zum Kreuz aufgeführt worden, ist die Bambergische. Ein Hr. Holbein, Verfasser einiger schwachen dramatischen Produkte, die Schillern nachschillern sollen, macht bey dem dortigen Theater jetzt Dichter, Schauspieler und Schauspieldirektor in Einer Person, und dieser ists, der den Versuch gemacht. Wie mir unsre [4] Bambergischen Freunde geschrieben ist er doch besser ausgefallen, als auf einem unsrer Hof- oder sogen. Nationaltheater der Fall gewesen seyn würde, und dieses Werk soll in der schönen fränkischen Stadt wirklich großen Eindruck gemacht haben.
Meisterʼs Wanderjahre von Goethe sind in der Handschrift fertig und werden diese Herbstmesse unfehlbar erscheinen. Wann haben wir die Hoffnung, Ihre poëtischen Werke zu sehen? Mein Buch, Die Weltalter wird leider noch bis zu Neujahr unter der Presse seyn; die italiänische Hitze dieses herrlichen Sommers hat meine Kräfte ziemlich abgespannt. Seit einigen Wochen habe ich mich aufs Land begeben, und kann durch den Aufenthalt auf einem mitten im schönsten Wald gelegenen Haus meine alte Waldlust einmal wieder befriedigen.
Ich wünsche, daß Sie sich wohl befinden, und bitte Sie mich nicht ganz zu vergessen, jede Zeile von Ihnen ist mir erfreulich. Ihr
Ganz ergebener
Schelling
×
×