• August Wilhelm von Schlegel to Karl Friedrich Schinkel

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Berlin · Date: 25.02.1837
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Karl Friedrich Schinkel
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 25.02.1837
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Bonn, Stadtarchiv
  • Classification Number: SN 019 35
  • Number of Pages: 7 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 8°
  • Incipit: „[1] Ich bin Ihnen unendlich dankbar, mein hochverehrter Herr, für die Güte welche Sie gehabt haben, unter ihren vielen und [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
[1] Ich bin Ihnen unendlich dankbar, mein hochverehrter Herr, für die Güte welche Sie gehabt haben, unter ihren vielen und großen Geschäften auf mein Anliegen wegen des Beethovenschen Monuments sich einzulassen, und mir Ihren einsichtsvollen Rath zu ertheilen. Zwar enthält Ihr Brief eine sehr unerfreuliche Nachricht, auf die ich nicht vorbereitet war. Sie versichern, die öffentliche Aufstellung werde Allerhöchsten Ortes nicht genehmigt werden, und niemand kann hievon besser unterrichtet seyn als Sie.
In andern Deutschen Staaten scheinen dergleichen Unternehmungen keine Schwierigkeit zu finden. Leibnitzens colossales Brustbild in einer offnen Rotunde steht schon seit dem Schlusse des vorigen Jahrhunderts in Hannover am Parade-Platz, dem besuchtesten Spaziergange im Umkreise der Stadt. Mösers Bild[2]säule ist kürzlich in Osnabrück unter unbeschreiblichem Jubel der versammelten Volksmenge, wenn ich recht berichtet bin, vor dem Rathhause aufgestellt worden. Für Guttenberg wird in Mainz, für Schiller in Stuttgart oder Ludwigslust dasselbe beabsichtigt. Auch habe ich vor zehn Jahren unsern bewunderten Freund Rauch an einem Denkmale für den Stifter des Hallischen Waisenhauses arbeiten sehen, wobei ich natürlich eine öffentliche Bestimmung voraussetze.
Diese Beispiele waren mir gegenwärtig und munterten mich auf. Sicherlich hätte ich die Geschäftführung für den Verein nicht übernommen, wenn ich gewußt hätte, daß seinem Vorhaben ein unübersteigliches Hinderniß entgegenstehe.
Sie werden mich aber noch mehr entschuldigt finden, wenn Sie erfahren, daß mir geraume Zeit hindurch, auch auf amtlichem Wege nicht die mindeste Aufklärung hierüber zugekommen ist. In dem gedruckten Aufrufe an die Verehrer [3] Beethovenʼs steht bloß: „ein plastisches Denkmal“; und dieß gereicht mir jetzt zu großer Beruhigung, wiewohl schon in dem Worte Denkmal der Begriff der Öffentlichkeit zu liegen scheint. Das von mir abgefaßte Gesuch um Autorisation des Vereines, gerichtet an den Ober-Präsidenten, vom 27sten Jun. 35, liegt vor mir. ich finde darin zweimal den Ausdrück öffentlich. In der Antwort des Ober-Präsidenten, worin er die Genehmigung der beiden betreffenden Ministerien meldete, wurde nichts hiegegen bemerkt. Erst ein Jahr später, in einem Schreiben vom 26sten October 36, foderte Hr. von Bodelschwingh im Auftrage der beiden Ministerien Bericht über die Einrichtung des Denkmals, und erinnerte dabei, daß für die Aufstellung an einem öffentlichen Orte „die Allerhöchste Entschließung Sr. Majestät eingezogen werden müsste.“
Der Kronprinz hatte gleich anfangs in einem gnädigen Schreiben sich nur nach den Localitäten erkundigt. Bei seiner Durchreise hatte ich nicht Gelegenheit, mündlich etwas darüber vorzutragen.
[4] Auf beide Schreiben erwiederte ich, die Form und Größe des Denkmals müsse sich nach den vorhandenen Mitteln richten; bezeichnete jedoch, falls sie zur zu einer Statue ausreichen sollten, den Münsterplatz als den schicklichsten.
Eine unterthänigste Bittschrift, worüber man die Entscheidung in tiefster Ehrerbietung empfängt, wird immer verstattet seyn. Wenn unsre Wünsche nicht erfüllt werden können, so muß man alsdann sehen, welche Auskunft sich treffen läßt.
Zu Einer Statue nebst Zubehör sind wir schon ziemlich in Stand gesetzt; nicht aber zu einer Gruppe von drei Figuren. Auch ist es ungewiß ob wir bis dahin gelangen werden.
Dem Freiherrn von Fürstenberg, einem unserer ehrenwerthesten Mitbürger, der für jeden edeln Zweck und auch für diesen, seine Freigebigkeit nach einem großen Maaßstabe bethätigt hat, gab ich einige Zeilen für Sie mit, er interessirt sich lebhaft für die Sache, und ist von allem genau unterrichtet.
[5] Jeder der einigen Sinn für edeln Styl hat muß Sie als einen der ersten Architekten unsres Zeitalters anerkennen; wenn es Ihnen aber gelingt den von dem Kreuzgange hinter unserm Münster umschlossenen Platz zu einem heitern Spaziergange umzuschaffen, so werde ich Sie geradezu für einen Zauberer erklären. Als Sie schrieben: „mitten in der Stadt“, hatten Sie wohl keinen Grundriß von Bonn vor Augen. Der Kirchen-Vorstand hat vor kurzem in Antrag gebracht, das Capitel-Schulhaus zur Wohnung für den Oberpfarrer auszubauen, der sein jetziges Pfarrhaus zu weit von der Kirche entlegen findet. Ich weiß nicht, ob dergleichen Bauplane von geringer Bedeutung bis an das oberste Bau-Collegium gelangen. Die Stadtbehörde erkennt die Verpflichtung an, dem Geistlichen eine für sein Amt angemessene Wohnung zu schaffen, es haben sich nur noch einige Anstände gefunden. So viel ich weiß, wird gar kein Hofraum da seyn. Vielleicht wird man dem Pfarrer die Benutzung [6] des Rasenplatzes zugestehen wollen. Ich weiß also nicht, in wiefern Ihr Plan mit der neuen Bestimmung verträglich ist. Der Platz ist mir gar wohl bekannt, weil die Denksteine des Rheinischen Museums lange im Erdgeschosse des Capitel-Schulhauses verwahrt lagen; in einem Saale, nannte man es, der aber mehr einem Keller ähnlich sieht. Seit dem Empfange Ihres Briefes hatte ich mir vorgenommen, den Platz in der angedeuteten Beziehung mit dʼAlton genau zu besichtigen; aber die böse Witterung und des Freundes Unpäßlichkeit hat es noch nicht dazu kommen lassen.
Leben Sie recht wohl, mein hochverehrter Freund, und behalten Sie mich in gutem Andenken. Ich wünsche Ihnen von Herzen alles was für Ihre schönen Werke und großen Unternehmungen förderlich seyn kann: als die Entdeckung vortrefflicher Quaderstein-Brüche in der Nähe von Berlin; frische Quellen und Bäche nebst dem nöthigen Abhange zu Springbrunnen, Wasserleitungen und unterirdischen Abzugs-Canälen; [7] einen wirklich fließenden Fluß; eine kolossale Filtrir-Maschine, um das braune Bier der Spree in den Krystall der Newa zu verwandeln; einen Prater vor dem Hallischen Thor, u. s. w. u. s. w.
Meine besten Grüße an Rauch und Tieck, dem ich schreibe. Mit ausgezeichneter Verehrung
Ganz der Ihrige
AWvSchlegel,
Bonn d. 25sten Febr
1837.
À propos, was sagen Sie denn dazu, daß die Griechen an ihrer Architektur so viel Gebrauch von heitern und mannichfaltigen Farben gemacht haben? Die Thatsache hat mein Freund Letronne in den Briefen an Hittorf, wie mich dünkt, gründlich erwiesen.
[8] [leer]
[1] Ich bin Ihnen unendlich dankbar, mein hochverehrter Herr, für die Güte welche Sie gehabt haben, unter ihren vielen und großen Geschäften auf mein Anliegen wegen des Beethovenschen Monuments sich einzulassen, und mir Ihren einsichtsvollen Rath zu ertheilen. Zwar enthält Ihr Brief eine sehr unerfreuliche Nachricht, auf die ich nicht vorbereitet war. Sie versichern, die öffentliche Aufstellung werde Allerhöchsten Ortes nicht genehmigt werden, und niemand kann hievon besser unterrichtet seyn als Sie.
In andern Deutschen Staaten scheinen dergleichen Unternehmungen keine Schwierigkeit zu finden. Leibnitzens colossales Brustbild in einer offnen Rotunde steht schon seit dem Schlusse des vorigen Jahrhunderts in Hannover am Parade-Platz, dem besuchtesten Spaziergange im Umkreise der Stadt. Mösers Bild[2]säule ist kürzlich in Osnabrück unter unbeschreiblichem Jubel der versammelten Volksmenge, wenn ich recht berichtet bin, vor dem Rathhause aufgestellt worden. Für Guttenberg wird in Mainz, für Schiller in Stuttgart oder Ludwigslust dasselbe beabsichtigt. Auch habe ich vor zehn Jahren unsern bewunderten Freund Rauch an einem Denkmale für den Stifter des Hallischen Waisenhauses arbeiten sehen, wobei ich natürlich eine öffentliche Bestimmung voraussetze.
Diese Beispiele waren mir gegenwärtig und munterten mich auf. Sicherlich hätte ich die Geschäftführung für den Verein nicht übernommen, wenn ich gewußt hätte, daß seinem Vorhaben ein unübersteigliches Hinderniß entgegenstehe.
Sie werden mich aber noch mehr entschuldigt finden, wenn Sie erfahren, daß mir geraume Zeit hindurch, auch auf amtlichem Wege nicht die mindeste Aufklärung hierüber zugekommen ist. In dem gedruckten Aufrufe an die Verehrer [3] Beethovenʼs steht bloß: „ein plastisches Denkmal“; und dieß gereicht mir jetzt zu großer Beruhigung, wiewohl schon in dem Worte Denkmal der Begriff der Öffentlichkeit zu liegen scheint. Das von mir abgefaßte Gesuch um Autorisation des Vereines, gerichtet an den Ober-Präsidenten, vom 27sten Jun. 35, liegt vor mir. ich finde darin zweimal den Ausdrück öffentlich. In der Antwort des Ober-Präsidenten, worin er die Genehmigung der beiden betreffenden Ministerien meldete, wurde nichts hiegegen bemerkt. Erst ein Jahr später, in einem Schreiben vom 26sten October 36, foderte Hr. von Bodelschwingh im Auftrage der beiden Ministerien Bericht über die Einrichtung des Denkmals, und erinnerte dabei, daß für die Aufstellung an einem öffentlichen Orte „die Allerhöchste Entschließung Sr. Majestät eingezogen werden müsste.“
Der Kronprinz hatte gleich anfangs in einem gnädigen Schreiben sich nur nach den Localitäten erkundigt. Bei seiner Durchreise hatte ich nicht Gelegenheit, mündlich etwas darüber vorzutragen.
[4] Auf beide Schreiben erwiederte ich, die Form und Größe des Denkmals müsse sich nach den vorhandenen Mitteln richten; bezeichnete jedoch, falls sie zur zu einer Statue ausreichen sollten, den Münsterplatz als den schicklichsten.
Eine unterthänigste Bittschrift, worüber man die Entscheidung in tiefster Ehrerbietung empfängt, wird immer verstattet seyn. Wenn unsre Wünsche nicht erfüllt werden können, so muß man alsdann sehen, welche Auskunft sich treffen läßt.
Zu Einer Statue nebst Zubehör sind wir schon ziemlich in Stand gesetzt; nicht aber zu einer Gruppe von drei Figuren. Auch ist es ungewiß ob wir bis dahin gelangen werden.
Dem Freiherrn von Fürstenberg, einem unserer ehrenwerthesten Mitbürger, der für jeden edeln Zweck und auch für diesen, seine Freigebigkeit nach einem großen Maaßstabe bethätigt hat, gab ich einige Zeilen für Sie mit, er interessirt sich lebhaft für die Sache, und ist von allem genau unterrichtet.
[5] Jeder der einigen Sinn für edeln Styl hat muß Sie als einen der ersten Architekten unsres Zeitalters anerkennen; wenn es Ihnen aber gelingt den von dem Kreuzgange hinter unserm Münster umschlossenen Platz zu einem heitern Spaziergange umzuschaffen, so werde ich Sie geradezu für einen Zauberer erklären. Als Sie schrieben: „mitten in der Stadt“, hatten Sie wohl keinen Grundriß von Bonn vor Augen. Der Kirchen-Vorstand hat vor kurzem in Antrag gebracht, das Capitel-Schulhaus zur Wohnung für den Oberpfarrer auszubauen, der sein jetziges Pfarrhaus zu weit von der Kirche entlegen findet. Ich weiß nicht, ob dergleichen Bauplane von geringer Bedeutung bis an das oberste Bau-Collegium gelangen. Die Stadtbehörde erkennt die Verpflichtung an, dem Geistlichen eine für sein Amt angemessene Wohnung zu schaffen, es haben sich nur noch einige Anstände gefunden. So viel ich weiß, wird gar kein Hofraum da seyn. Vielleicht wird man dem Pfarrer die Benutzung [6] des Rasenplatzes zugestehen wollen. Ich weiß also nicht, in wiefern Ihr Plan mit der neuen Bestimmung verträglich ist. Der Platz ist mir gar wohl bekannt, weil die Denksteine des Rheinischen Museums lange im Erdgeschosse des Capitel-Schulhauses verwahrt lagen; in einem Saale, nannte man es, der aber mehr einem Keller ähnlich sieht. Seit dem Empfange Ihres Briefes hatte ich mir vorgenommen, den Platz in der angedeuteten Beziehung mit dʼAlton genau zu besichtigen; aber die böse Witterung und des Freundes Unpäßlichkeit hat es noch nicht dazu kommen lassen.
Leben Sie recht wohl, mein hochverehrter Freund, und behalten Sie mich in gutem Andenken. Ich wünsche Ihnen von Herzen alles was für Ihre schönen Werke und großen Unternehmungen förderlich seyn kann: als die Entdeckung vortrefflicher Quaderstein-Brüche in der Nähe von Berlin; frische Quellen und Bäche nebst dem nöthigen Abhange zu Springbrunnen, Wasserleitungen und unterirdischen Abzugs-Canälen; [7] einen wirklich fließenden Fluß; eine kolossale Filtrir-Maschine, um das braune Bier der Spree in den Krystall der Newa zu verwandeln; einen Prater vor dem Hallischen Thor, u. s. w. u. s. w.
Meine besten Grüße an Rauch und Tieck, dem ich schreibe. Mit ausgezeichneter Verehrung
Ganz der Ihrige
AWvSchlegel,
Bonn d. 25sten Febr
1837.
À propos, was sagen Sie denn dazu, daß die Griechen an ihrer Architektur so viel Gebrauch von heitern und mannichfaltigen Farben gemacht haben? Die Thatsache hat mein Freund Letronne in den Briefen an Hittorf, wie mich dünkt, gründlich erwiesen.
[8] [leer]
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