Ew. Hochwohlgeboren den Musenalmanach zu übersenden, war wohl das geringste Zeichen von Aufmerksamkeit, das ich Ihnen schuldig war. Daher beschämt mich Ihr gütiges Antwortschreiben, das zwar nicht ohne einigen Vorwurf ist, aber diesen reichlich aufwiegt durch die mir höchst ehrenvolle Hinweisung auf „andere Geschäfte“. Erlauben Sie mir zunächst hieran eine bescheidene Anfrage zu knüpfen.
Allgemein hat man in neuerer Zeit, wo sie sich nur finden und welchen Inhalts sie sein mochten, die Briefe berühmter Männer in Druck gegeben. Oft dem Publicum zum Ueberdruß. Das würde nun bestimmt nicht der Fall sein, wenn Sie Ihre Correspondenz mit Goethe veröffentlichen wollten, welche sowohl ihrem Inhalte nach von größtem Interesse sein muß, als wegen Aufklärung [2] über Ihr Verhältniß zu Goethe, welches durch Schillers Briefe und weitere Auslegung bei vielen in ein ganz falsches Licht gestellt scheint. Vielleicht stehen auch Briefe, die zwischen Ihrem verstorbenen Herrn Bruder Fr. von Schlegel und Goethe gewechselt sind, zu Ihrer Verfügung, um mit den Ihrigen verbunden zu werden. Sollten Ew Hochwohlgeboren geneigt sein, ein solches für das gebildetere Publicum gewiß höchst anziehendes Bändchen herauszugeben, so würde ich es mir zur höchsten Ehre schätzen, wenn Sie mir den Verlag davon anvertrauen wollten.
Ew Hochwohlgeboren mögen bei dem, was ich Ihnen von H. v. Chamisso schrieb, vielleicht ihm oder mir einen Mangel an Aufrichtigkeit Schuld gegeben haben. Verzeihen Sie daher zur Rechtfertigung die Bemerkung, daß nicht von Ihnen allein, sondern von Ihnen, Goethe und Tieck die Rede war.
Das Geschrei über die Epigramme hat zwar Herrn Hofrath Wendt außer sich gesetzt. Sonst aber habe ich nicht mehr des[3]halb erfahren, als ich erwarten durfte, und am wenigsten von meinem Vater. Aber innig bedaure ich, die glückliche Möglichkeit Beiträge von Ihnen zu erhalten, nicht benutzt zu haben. Ich will mich nur vor mir selbst entschuldigen, wenn ich Ihnen wiederhole, daß ich Sie nach den Zeitungen nach für abwesend hielt, als der Druck des Almanachs begann. Aber daß ich mich wegen Uebersendung eines Exemplars nicht früher nach Ihrer Rückkehr erkundigt habe, das muß ich für eben so unartig erkennen, als daß mein Vater versäumt hat, Ihnen den Shakspeare zu senden, und bitte für beides höflichst um Entschuldigung. Mein Vater ist häufig verreist, und darüber mag es vergessen sein; ich will aber sogleich daran erinnern.
Mit größerer Verehrung, als ich auszudrücken vermag,
Ew Hochwohlgeboren
ergebenster
K. Reimer
Leipzig 29 November
1832
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