• Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Berlin · Date: 19.08.1802
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 19.08.1802
  • Notations: Absende- und Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Historisch-kritische Ausgabe. Hg. v. Thomas Buchheim, Jochen Hennigfeld, Wilhelm G. Jacobs, Jörg Jantzen u. Siegbert Peetz. Stuttgart 1976ff. Reihe III: Briefe 2,1: Briefwechsel 1800–1802. Hg. v. Thomas Kisser unter Mitwirkung von Walter Schieche und Alois Wieshuber. Stuttgart 2010, S. 454–456.
  • Incipit: „[1] 19ter Aug. 02.
    Haben Sie den besten Dank für Ihr letztes Schreiben. Die mir gegebnen Nachrichten sind sämmtlich höchst interessant: besonders [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-36872
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.20,Nr.21
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 23,4 x 19 cm
    Language
  • German
[1] 19ter Aug. 02.
Haben Sie den besten Dank für Ihr letztes Schreiben. Die mir gegebnen Nachrichten sind sämmtlich höchst interessant: besonders Ihr Studium des Calderon, und die Hoffnung die Sie uns machen, durch Sie mit ihm bekannt zu werden. Goethe’s Vorspiel wird, wie ich nicht anders weiß, bey Cotta gedruckt. Ebenso auch Mahomet u. Tankred, die Turandot von Schiller. – Ihren Aufsatz oder Brief in der E. Zeitung zu lesen bin ich sehr begierig; nachdem es nun meine Sache geworden ist, will ich mich gern ohne weiteres von diesem Kampfplatz zurükziehen. – Ihrem Tadel von Hegels Aufsatz stimme ich in allen Stücken bey, ausgenommen daß er F.ʼs Best. d. Menschen als in philos. Rücksicht nicht geschrieben hätte betrachten sollen; denn erstens hat er wenigstens gezeigt, daß sie in dieser Rücksicht wirklich null ist, zweytens verdient sie diese Kritik und mußte hier vorzüglich in Anschlag kommen, da Fichte in dieser Schrift allein noch sein Universum ausgesprochen hat und sie wie ich überzeugt bin wirklich die Blüthe seiner Philosophie ist. Es ist bey dem unendlichen Gegenstand und seinem Widerstreit gegen die Form begreiflich und verzeihlich, sich in strenger Form einseitig auszusprechen, nicht wirklich Alles in Allem, zu begreifen; dieses Buch soll aber gleichsam aus dem Herzen und der unmittelbaren Eingebung geschrieben seyn ‒ Doch schon dieß ist zu viel hievon.
Ich habe Ihnen noch zwey Nachrichten zu geben.
Die neuliche, daß der Herzog von Pyrmont zurükgekommen war unbegründet, da er bis jezt noch in den Rheingegenden sich umtreibt. Auch Geh[eimer] R[ath] Voigt ist mit ihm abwesend. Caroline trägt mir auf, Ihnen dieß zu schreiben. Es ist unvermeidlich, daß hierdurch, bey dem eingeschlagnen Weg, Verzögerungen entstehen: sonst ist [2] von Carolinens Seite alles betrieben und unterlegt, so daß wenn dieser Weg überhaupt gelingt, das Endresultat doch nachher bald erreicht werden kann. Doch ist bey allen Vorkehrungen, wie die Personen, welche für die Sache sich interessiren, versichern, nicht gewiß, daß der Herzog willfahren werde. In diesem Fall ist Caroline der Meynung, den gewöhnlichen Weg nach gemeinschaftlicher Übereinkunft ohne Bedenken zu ergreifen.
Sie erhalten hier außer Bruno (von dem es höchst verdrießlich, daß Ungers Nachläßigkeit mich in die Nothwendigkeit setzt, ihn nach Berlin zurükgehen zu lassen, da ich ihm die bestimmtesten Auftræge deßhalb noch in Leipzig gegeben hatte) – auch das 1ste Heft meiner Neuen Zeitschrift.
Sie finden in demselben unter dem Artikel Miscellen einen Aufsatz, den ich als Actenstück in Ihren Händen wünsche, da er Schütz’en die Veranlassung gegeben hat, eine horrible Schändlichkeit gegen mich, Caro[line] und mehr oder weniger auch Sie zu begehen, indem er um sich zu rächen aus einem mir zwar nur im Allgemeinen bekannt gewordnen Pasquill: Lob der neuesten Philosophie in einer Anzeige, die Sie hier ausgeschnitten beygelegt finden, die angestrichne Stelle citirt und ausgezogen hat.
Sie können und werden selbst denken, welche Wirkung dieße Schändlichkeit auf uns beyde gehabt hat. Ich kann nicht sagen, daß mir die Sache selbst gänzlich unerwartet kam, da ich die Anstalten des Menschen, der uns so schreklich getäuscht hat, schon Tage vorher die Schuld auf mich abwälzen zu können, allerdings gekannt habe. Caro[line] hat mir [3] nun Alles darüber mitgetheilt, auch was Sie in der Sache gethan und wie sie Ihnen so wenig als ihr neu ist. Ich erkenne gerührt alle Schonung gegen mich, obgleich sie mich nun doppelt schmerzt. Was ich hierinn zu thun habe weiß ich insoweit genau, daß ich weiß, daß Nichts mich soweit beugen kann, den heiligen Namen zu entweihen. Weiter habe ich bis jezt keinen bestimmten Gedanken: ich habe Goethen die ganze Sache mitgetheilt, und erwarte eben seine Meynung darüber. Es ist hier kein Mensch, der sich nicht im äußersten Grade darüber indignirt zeigte: auch hat außer Schütz niemand davon gewußt: Griesbach ist in höchster Erzürnung darüber. – Lassen Sie mich bald wissen, was Sie denken; ich habe, da dieser ganze Handel mit der Lit. Z. von uns gemeinschaftlich angefangen worden, den Wunsch, daß wir ihn auch gemeinschaftlich beschließen, und Schützen den lezten Rest geben.
Ich muß für heute schließen. Leben Sie recht wohl, und erhalten Sie mir Ihre Freundschaft.
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[1] 19ter Aug. 02.
Haben Sie den besten Dank für Ihr letztes Schreiben. Die mir gegebnen Nachrichten sind sämmtlich höchst interessant: besonders Ihr Studium des Calderon, und die Hoffnung die Sie uns machen, durch Sie mit ihm bekannt zu werden. Goethe’s Vorspiel wird, wie ich nicht anders weiß, bey Cotta gedruckt. Ebenso auch Mahomet u. Tankred, die Turandot von Schiller. – Ihren Aufsatz oder Brief in der E. Zeitung zu lesen bin ich sehr begierig; nachdem es nun meine Sache geworden ist, will ich mich gern ohne weiteres von diesem Kampfplatz zurükziehen. – Ihrem Tadel von Hegels Aufsatz stimme ich in allen Stücken bey, ausgenommen daß er F.ʼs Best. d. Menschen als in philos. Rücksicht nicht geschrieben hätte betrachten sollen; denn erstens hat er wenigstens gezeigt, daß sie in dieser Rücksicht wirklich null ist, zweytens verdient sie diese Kritik und mußte hier vorzüglich in Anschlag kommen, da Fichte in dieser Schrift allein noch sein Universum ausgesprochen hat und sie wie ich überzeugt bin wirklich die Blüthe seiner Philosophie ist. Es ist bey dem unendlichen Gegenstand und seinem Widerstreit gegen die Form begreiflich und verzeihlich, sich in strenger Form einseitig auszusprechen, nicht wirklich Alles in Allem, zu begreifen; dieses Buch soll aber gleichsam aus dem Herzen und der unmittelbaren Eingebung geschrieben seyn ‒ Doch schon dieß ist zu viel hievon.
Ich habe Ihnen noch zwey Nachrichten zu geben.
Die neuliche, daß der Herzog von Pyrmont zurükgekommen war unbegründet, da er bis jezt noch in den Rheingegenden sich umtreibt. Auch Geh[eimer] R[ath] Voigt ist mit ihm abwesend. Caroline trägt mir auf, Ihnen dieß zu schreiben. Es ist unvermeidlich, daß hierdurch, bey dem eingeschlagnen Weg, Verzögerungen entstehen: sonst ist [2] von Carolinens Seite alles betrieben und unterlegt, so daß wenn dieser Weg überhaupt gelingt, das Endresultat doch nachher bald erreicht werden kann. Doch ist bey allen Vorkehrungen, wie die Personen, welche für die Sache sich interessiren, versichern, nicht gewiß, daß der Herzog willfahren werde. In diesem Fall ist Caroline der Meynung, den gewöhnlichen Weg nach gemeinschaftlicher Übereinkunft ohne Bedenken zu ergreifen.
Sie erhalten hier außer Bruno (von dem es höchst verdrießlich, daß Ungers Nachläßigkeit mich in die Nothwendigkeit setzt, ihn nach Berlin zurükgehen zu lassen, da ich ihm die bestimmtesten Auftræge deßhalb noch in Leipzig gegeben hatte) – auch das 1ste Heft meiner Neuen Zeitschrift.
Sie finden in demselben unter dem Artikel Miscellen einen Aufsatz, den ich als Actenstück in Ihren Händen wünsche, da er Schütz’en die Veranlassung gegeben hat, eine horrible Schändlichkeit gegen mich, Caro[line] und mehr oder weniger auch Sie zu begehen, indem er um sich zu rächen aus einem mir zwar nur im Allgemeinen bekannt gewordnen Pasquill: Lob der neuesten Philosophie in einer Anzeige, die Sie hier ausgeschnitten beygelegt finden, die angestrichne Stelle citirt und ausgezogen hat.
Sie können und werden selbst denken, welche Wirkung dieße Schändlichkeit auf uns beyde gehabt hat. Ich kann nicht sagen, daß mir die Sache selbst gänzlich unerwartet kam, da ich die Anstalten des Menschen, der uns so schreklich getäuscht hat, schon Tage vorher die Schuld auf mich abwälzen zu können, allerdings gekannt habe. Caro[line] hat mir [3] nun Alles darüber mitgetheilt, auch was Sie in der Sache gethan und wie sie Ihnen so wenig als ihr neu ist. Ich erkenne gerührt alle Schonung gegen mich, obgleich sie mich nun doppelt schmerzt. Was ich hierinn zu thun habe weiß ich insoweit genau, daß ich weiß, daß Nichts mich soweit beugen kann, den heiligen Namen zu entweihen. Weiter habe ich bis jezt keinen bestimmten Gedanken: ich habe Goethen die ganze Sache mitgetheilt, und erwarte eben seine Meynung darüber. Es ist hier kein Mensch, der sich nicht im äußersten Grade darüber indignirt zeigte: auch hat außer Schütz niemand davon gewußt: Griesbach ist in höchster Erzürnung darüber. – Lassen Sie mich bald wissen, was Sie denken; ich habe, da dieser ganze Handel mit der Lit. Z. von uns gemeinschaftlich angefangen worden, den Wunsch, daß wir ihn auch gemeinschaftlich beschließen, und Schützen den lezten Rest geben.
Ich muß für heute schließen. Leben Sie recht wohl, und erhalten Sie mir Ihre Freundschaft.
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