• August Wilhelm von Schlegel to C. F. Winter, Akademische Buchhandlung (Heidelberg) , Anton Winter

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Heidelberg · Date: 12.01.1844
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: C. F. Winter, Akademische Buchhandlung (Heidelberg), Anton Winter
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Heidelberg
  • Date: 12.01.1844
  • Notations: Abschrift.
    Printed Text
  • Bibliography: Körner, Josef: A. W. Schlegel und sein Heidelberger Verleger. In: Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien 65 (1914), S. 692‒693.
  • Weitere Drucke: Jenisch, Erich (Hg.): August Wilhelm Schlegels Briefwechsel mit seinen Heidelberger Verlegern. Festschrift zur Jahrhundert-Feier des Verlags Carl Winters Universitätsbuchhandlung in Heidelberg 1822‒1922. Heidelberg 1922, S. 209‒211.
  • Verlag: Universitätsverlag Wagner Innsbruck
  • Incipit: „[1] Ew. Wohlgeboren
    sende ich anbei einen am 20. dieses Monats in Frankfurt zahlbaren Wechsel von 200 Thalern; ich bitte Sie, mir [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-34977
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.16,Nr.100
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs.
  • Format: 21,1 x 16,8 cm
    Language
  • German
[1] Ew. Wohlgeboren
sende ich anbei einen am 20. dieses Monats in Frankfurt zahlbaren Wechsel von 200 Thalern; ich bitte Sie, mir den Empfang durch eine Quittung zu melden, worin die von Ihnen selbst vorgeschlagene Bedingung einer eventuellen Rückzahlung erwähnt werden müßte.
Ew. Wohlgeboren hätten dieselbe Summe bereits vor Fünftehalb Jahren empfangen können, da ich in meinem Briefe vom 24. Juli 1838 Ihnen den Vorschlag that, uns in Betreff dieses Geschäftes [2] durch jede Ihnen zu leistende Entschädigung völlig auseinanderzusetzen. Unter dieser ist, wie sich von selbst versteht, der Verlust mitbegriffen, den Sie dadurch erlitten haben daß die für Ihre Auslage angewendete Summe so lange als ein todtes Kapital liegen geblieben ist; der Betrag hiervon ist nun während eines langen Zeitraumes so beträchtlich angewachsen, daß damals die Auseinandersetzung gegenseitiger Anfoderungen viel leichter gewesen wäre, wenn Sie meinen wohlgemeinten Vorschlag angenommen hätten. Es würde zu [3] weitläuftig seyn Alles zu wiederholen, was ich in dem angeführten Briefe gesagt habe, den Sie ohne Zweifel aufbewahrt haben werden. Indessen muß ich Ihnen bemerklich machen, daß in einem rechtsgültigen Vertrage die beiderseitigen Anfoderungen deutlich ausgesprochen seyn müssen, und dieß ist in Ihrem Briefe vom 6. Januar curr. nicht geschehen. Die Beendigung der halbgedruckten Abhandlung am Schlusse des ersten Bandes binnen Jahresfrist kann ich und werde ich nicht zusagen. Ich habe mich das erste Mal in Bezug [4] auf die mir übrige Muße, meine Kräfte und Gesundheit verrechnet; es hat Ihnen zu einem temporären Schaden und mir zu großem Verdrusse gereicht; ich werde nicht zum zweiten Male in diesen Fehler verfallen.
Demnach muß ich Sie jetzt einladen sich bestimmt darüber zu erklären, welche Ansprüche Sie auf den Fall zu haben glauben, daß ich mit Tode abginge, ehe ich die vollendete Arbeit hätte liefern können, oder daß der Zustand meiner Gesundheit sich dergestalt verschlimmerte, daß ich [5] alle Hoffnung zur Vollendung einer so schwierigen litterarischen Arbeit aufgeben müßte.
Ich weiß wohl, daß ein Kaufmann für bereits ausgelegte Kapitalien, die nun durch einen ungünstigen Zufall unbenutzt liegen bleiben, sich nicht mit den gewöhnlichen Zinsen begnügen kann, die man aus öffentlichen Fonds oder auf Hypotheken bezieht. Ein Kaufmann mit andern gangbaren Waaren kann seinen jährlichen Vorrath von dem Fabrikanten beziehen und gewiß seyn, daß die Waare nichts an ihrem Werthe [6] verliert, wenn auch der Absatz nicht völlig seiner Erwartung entsprochen haben sollte. Jedes neue Buch aber ist etwas Besonderes, das seinen ganzen Werth verliert, wenn es nicht den gehofften Abgang findet. Ein Verleger ist also mit einem Fischhändler zu vergleichen, der entfernt von jedem Seehafen wohnt. Wenn ein Tönnchen Austern durch die üble Witterung oder sonstige Unfälle verfault ankommt, so wirft er die stinkenden Austern auf den nächsten Misthaufen, – und der Verleger kann die schon gedruckten Exemplare nur noch als Makulatur benutzen. Dieß [7] kann auch in den Verträgen berühmter Schriftsteller mit Verlagsbuchhandlungen Statt finden, wie sich denn z. B. der verstorbene Cotta mit Schillerʼs Horen und Götheʼs Propyläen gewaltig verrechnet hatte.
Mögen Sie sich also gefälligst erklären, wie es nach Ihrer Meinung in dem oben berührten Falle billigerweise gehalten werden soll. Ich wünsche nichts sehnlicher, als das Verlagsrecht wieder an mich zu bringen und leiste zugleich hiermit auf das angebotene Honorar Verzicht. Mein Buch ist in drei Sprachen über[8]setzt, nach der englischen Übersetzung in Nord-Amerika viermal nachgedruckt, auch in Österreich und ich weiß nicht, wo noch sonst, ist ein deutscher Nachdruck erschienen. Ich fand es also bedenklich, mit einem Werke, das einen so ausgebreiteten Beifall gefunden hat, beträchtliche Veränderungen vorzunehmen. Da aber die Abhandlung über das Athenische Theater etwas ganz Abgesondertes und für sich Bestehendes ist, so glaubte ich dadurch der dritten Ausgabe eine gewisse Neuheit zu verleihen. Ich kenne sehr wohl die Mängel der beiden folgenden Bände, welche besonders in der ungleichen Ausführlich[9]keit bestehen, womit die verschiedenen Litteraturen abgehandelt sind.
Wenn ich selbst Verleger werde, so bin ich auch nur mir allein verantwortlich, und würde gern die mir wiederkehrende Gesundheit und Kräfte dazu verwenden, mein Werk in einer etwas verbesserten und vollständigern Gestalt auf die Nachwelt zu bringen. Ihre Handlung würde dadurch keine Einbuße an dem Verzeichnisse Ihrer Verlagsartikel leiden; denn ich würde sehr gern Ihnen die Commission übertragen auf dieselben Bedingungen, unter wel[10]chen Hr. Buchhändler Ed. Weber in Bonn dieses Geschäft für mich schon seit vielen Jahren führt: Ihr Name würde also auf den Titel gesetzt werden.
Ich sehe Ihrer baldigen Erklärung über alles Obige entgegen, und bin mit vollkommenster Hochachtung
Ihr ergebenster
Bonn, d. 12. Jan. 1844.
P. S. Ihre Handschrift ist für mich, bei meinen geschwächten Augen, so unleserlich, daß ich Sie bitten muß, mir bei unserer künftigen Correspondenz eine Reinschrift Ihrer Briefe durch einen Ihrer Commis anfertigen zu lassen.
[1] Ew. Wohlgeboren
sende ich anbei einen am 20. dieses Monats in Frankfurt zahlbaren Wechsel von 200 Thalern; ich bitte Sie, mir den Empfang durch eine Quittung zu melden, worin die von Ihnen selbst vorgeschlagene Bedingung einer eventuellen Rückzahlung erwähnt werden müßte.
Ew. Wohlgeboren hätten dieselbe Summe bereits vor Fünftehalb Jahren empfangen können, da ich in meinem Briefe vom 24. Juli 1838 Ihnen den Vorschlag that, uns in Betreff dieses Geschäftes [2] durch jede Ihnen zu leistende Entschädigung völlig auseinanderzusetzen. Unter dieser ist, wie sich von selbst versteht, der Verlust mitbegriffen, den Sie dadurch erlitten haben daß die für Ihre Auslage angewendete Summe so lange als ein todtes Kapital liegen geblieben ist; der Betrag hiervon ist nun während eines langen Zeitraumes so beträchtlich angewachsen, daß damals die Auseinandersetzung gegenseitiger Anfoderungen viel leichter gewesen wäre, wenn Sie meinen wohlgemeinten Vorschlag angenommen hätten. Es würde zu [3] weitläuftig seyn Alles zu wiederholen, was ich in dem angeführten Briefe gesagt habe, den Sie ohne Zweifel aufbewahrt haben werden. Indessen muß ich Ihnen bemerklich machen, daß in einem rechtsgültigen Vertrage die beiderseitigen Anfoderungen deutlich ausgesprochen seyn müssen, und dieß ist in Ihrem Briefe vom 6. Januar curr. nicht geschehen. Die Beendigung der halbgedruckten Abhandlung am Schlusse des ersten Bandes binnen Jahresfrist kann ich und werde ich nicht zusagen. Ich habe mich das erste Mal in Bezug [4] auf die mir übrige Muße, meine Kräfte und Gesundheit verrechnet; es hat Ihnen zu einem temporären Schaden und mir zu großem Verdrusse gereicht; ich werde nicht zum zweiten Male in diesen Fehler verfallen.
Demnach muß ich Sie jetzt einladen sich bestimmt darüber zu erklären, welche Ansprüche Sie auf den Fall zu haben glauben, daß ich mit Tode abginge, ehe ich die vollendete Arbeit hätte liefern können, oder daß der Zustand meiner Gesundheit sich dergestalt verschlimmerte, daß ich [5] alle Hoffnung zur Vollendung einer so schwierigen litterarischen Arbeit aufgeben müßte.
Ich weiß wohl, daß ein Kaufmann für bereits ausgelegte Kapitalien, die nun durch einen ungünstigen Zufall unbenutzt liegen bleiben, sich nicht mit den gewöhnlichen Zinsen begnügen kann, die man aus öffentlichen Fonds oder auf Hypotheken bezieht. Ein Kaufmann mit andern gangbaren Waaren kann seinen jährlichen Vorrath von dem Fabrikanten beziehen und gewiß seyn, daß die Waare nichts an ihrem Werthe [6] verliert, wenn auch der Absatz nicht völlig seiner Erwartung entsprochen haben sollte. Jedes neue Buch aber ist etwas Besonderes, das seinen ganzen Werth verliert, wenn es nicht den gehofften Abgang findet. Ein Verleger ist also mit einem Fischhändler zu vergleichen, der entfernt von jedem Seehafen wohnt. Wenn ein Tönnchen Austern durch die üble Witterung oder sonstige Unfälle verfault ankommt, so wirft er die stinkenden Austern auf den nächsten Misthaufen, – und der Verleger kann die schon gedruckten Exemplare nur noch als Makulatur benutzen. Dieß [7] kann auch in den Verträgen berühmter Schriftsteller mit Verlagsbuchhandlungen Statt finden, wie sich denn z. B. der verstorbene Cotta mit Schillerʼs Horen und Götheʼs Propyläen gewaltig verrechnet hatte.
Mögen Sie sich also gefälligst erklären, wie es nach Ihrer Meinung in dem oben berührten Falle billigerweise gehalten werden soll. Ich wünsche nichts sehnlicher, als das Verlagsrecht wieder an mich zu bringen und leiste zugleich hiermit auf das angebotene Honorar Verzicht. Mein Buch ist in drei Sprachen über[8]setzt, nach der englischen Übersetzung in Nord-Amerika viermal nachgedruckt, auch in Österreich und ich weiß nicht, wo noch sonst, ist ein deutscher Nachdruck erschienen. Ich fand es also bedenklich, mit einem Werke, das einen so ausgebreiteten Beifall gefunden hat, beträchtliche Veränderungen vorzunehmen. Da aber die Abhandlung über das Athenische Theater etwas ganz Abgesondertes und für sich Bestehendes ist, so glaubte ich dadurch der dritten Ausgabe eine gewisse Neuheit zu verleihen. Ich kenne sehr wohl die Mängel der beiden folgenden Bände, welche besonders in der ungleichen Ausführlich[9]keit bestehen, womit die verschiedenen Litteraturen abgehandelt sind.
Wenn ich selbst Verleger werde, so bin ich auch nur mir allein verantwortlich, und würde gern die mir wiederkehrende Gesundheit und Kräfte dazu verwenden, mein Werk in einer etwas verbesserten und vollständigern Gestalt auf die Nachwelt zu bringen. Ihre Handlung würde dadurch keine Einbuße an dem Verzeichnisse Ihrer Verlagsartikel leiden; denn ich würde sehr gern Ihnen die Commission übertragen auf dieselben Bedingungen, unter wel[10]chen Hr. Buchhändler Ed. Weber in Bonn dieses Geschäft für mich schon seit vielen Jahren führt: Ihr Name würde also auf den Titel gesetzt werden.
Ich sehe Ihrer baldigen Erklärung über alles Obige entgegen, und bin mit vollkommenster Hochachtung
Ihr ergebenster
Bonn, d. 12. Jan. 1844.
P. S. Ihre Handschrift ist für mich, bei meinen geschwächten Augen, so unleserlich, daß ich Sie bitten muß, mir bei unserer künftigen Correspondenz eine Reinschrift Ihrer Briefe durch einen Ihrer Commis anfertigen zu lassen.
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